Blick nach Norden: Was passiert in Kanada?

Ein Gespräch über zukunftsweisende Investitionen und attraktive Nischenmärkte

Georg Redlbacher ist Partner von Multi Boutique Marketers S.A., seit über 30 Jahren im Asset Management tätig und kann auf langjährige Erfahrungen in Unternehmen wie zum Beispiel der Dresdner Bank, AXA IM oder Credit Suisse zurückblicken. Zudem berät er die Luxemburger RECan Global Immobilienfonds, die mit ihrem deutsch/kanadischen Team und Asset Management in zwei getrennten Teilfonds in Wohn- und Gewerbeimmobilien in Kanada investieren.

Herr Redlbacher, Sie sind nicht nur Partner von Multi Boutique Marketers S.A., sondern auch beratend für die RECan Global GmbH aktiv. Was ist der Hintergrund?

Eins vornweg: Wir sind ein Third-Party Marketer, weil wir uns hauptsächlich mit offenen Publikumsfonds beschäftigen. Aber auf Grund der Nachfrage von Institutionellen Investoren, wie zum Beispiel Versorgungswerken und Versicherungen, befassen wir uns mehr und mehr auch mit klassischen institutionellen Produkten. Dazu gehört unter anderem der Immobilienbereich. Von unserem Background her präferieren wir, auch hier mit einer Fondslösung zu arbeiten. Und diese Fondslösung setzt RECan in einem Luxemburger Spezialfonds um.

Wie sind Sie auf RECan Global aufmerksam geworden?

Vor einiger Zeit habe ich die RECan-Partner Sven Matten und Bernhard Engelbrecht auf einer Veranstaltung einer Kapitalverwaltungsgesellschaft kennen gelernt, die bei dieser Gelegenheit ihr Konzept an mich herangetragen haben. Ich muss sagen: Dieses hat mich überzeugt.

Weshalb?

Nun, das beginnt schon, wie RECan Global aufgestellt ist – sowohl in München als auch in Luxemburg sowie vor Ort in Kanada. Und als Third-Party Marketer bewegen wir uns ja natürlicher Weise im Boutiquen-Bereich. Wir wenden uns nicht an große Marktteilnehmer, die ihr eigenes Vertriebsteam haben und seit vielen Jahren große Immobilienfonds verwalten, sondern sind im Boutique-Bereich unterwegs. Und hier sind für uns auch so genannte „First Timer“ naheliegend. Von daher passt es mit RECan Global sehr gut.

Wenn Sie das bitte noch ein wenig ausführen können.

Wir suchen speziell die Nischenanbieter mit entsprechendem Potential und genau dies erfüllt RECan in mehrerlei Hinsicht. Das heißt, dass sie auf der einen Seite „First Timer“ sind, auf der anderen aber eine solide Fondsstruktur in Luxemburg und im Asset Management auf einen langen Track Record vor Ort vorweisen können. Dazu investiert das Unternehmen nicht in einem breit getretenen Markt wie Deutschland, Europa oder auch USA, sondern schaut gezielt über den Tellerrand auf Kanada.

Stichwort Kanada. RECan bietet ja Immobilien-Fonds für professionelle und Institutionelle Investoren in kanadischen Metropolregionen an – gewissermaßen als Trendsetter, oder?

Lassen Sie mich es bitte so sagen: Viele Stärken von Kanada werden jetzt in der aktuellen Krise erst so richtig wahrgenommen. Deren Einwanderungspolitik, die wirtschaftliche Stärke, die Stabilität insgesamt. Ich hatte mir dieser Tage einmal den Währungsverlauf der vergangenen fünf Jahre angeschaut. Da sieht man ganz deutlich, dass der kanadische Dollar in Verbindung mit Wirtschaftswachstum und Zinslevel eine besondere Stabilität und dadurch echte Diversifizierung bietet. Das sollte eigentlich für europäische Investoren besonders attraktiv sein.

Wir kommen gleich noch einmal auf Kanada zurück, möchten aber zunächst wissen, wie Sie externe Einflüsse wie die Corona-Pandemie oder den Krieg in der Ukraine hinsichtlich der Aktivitäten von Investoren hierzulande beurteilen?

Ich stelle eigentlich über das Investoren-Spektrum – Institutionelle bis zu den kleineren Vermögensverwaltern – hinweg eine gewisse Lähmung fest. In der Anfangszeit der Pandemie haben sich alle noch etwas angepasst, zum Beispiel wie arbeite ich effizient vom Homeoffice, wie gehe ich mit der Situation um? Eine Konstante vom Beginn der Pandemie bis heute ist, dass alle sehr genau auf ihre Portfolios schauen, damit ihnen da nichts anbrennt. Ganz egal ob es die Auswirkungen der Pandemie sind, ob es die Inflation ist oder der Ukraine-Krieg. Das kommt dann bei Produkt-Anbietern wie RECan Global natürlich zunächst wie eine gewisse Lähmung an. Man spürt derzeit wenig Appetit, sich neue Manager, neue Produkte anzuschauen. Hier sehe ich zunächst den größten Nachteil für First Timer oder Boutique Manager.

Um so wichtiger ist in dieser Situation auf attraktive Nischen-oder auch Zukunftsmärkte zu setzten – wie zum Beispiel Kanada.

Ganz genau. Besonders wenn man gewohnheitsbedingt die USA im Detail verfolgt – sowohl wirtschaftlich als auch politisch – dann ist es einfach interessant, jetzt „north of the border“ zu schauen: Was passiert eigentlich in Kanada? Und da stellt man eben fest, dass Kanada in ganz wichtigen Aspekten, wie Einwanderungspolitik, Arbeitslosenquote aber auch hinsichtlich Immobilien-Nachfrage und Leerstandsquoten, eben stabiler unterwegs ist als die USA, wo auch heute noch ein Stück weit die Finanzkrise von 2008 nachhängt. Blickt man noch auf die steigenden Zinsen sowie auf die vermutete anstehende Rezession, dann sehen wir Umstände, die einen deutlich größeren Einfluss auf den US-Immobilienmarkt haben könnten als eben auf Kanada.

Wie sehen Sie, ganz generell, die Entwicklung des Investitionsmarktes im laufenden Jahr?

Die aktuelle Situation wird sich wohl in diesem Jahr nicht mehr bessern und noch im Jahr 2023 so bestehen – was natürlich von folgenden Faktoren abhängt: Ukraine-Krieg, eine anstehende Rezession und Zins- und Inflationsentwicklung. Es ist nach wie vor eine große Unsicherheit zu spüren. Die meisten Investoren werden wahrscheinlich sehr vorsichtig agieren, werden versuchen ihre Portfolios zu schützen, bis sich geklärt hat, wohin die Reise denn gehen wird – insbesondere hinsichtlich Zinslevel und Inflation.

Erwarten Sie dann gewisse Nachholeffekte von Seiten der Investoren?

Also, einen richtigen Aufholeffekt erwarte ich nicht. Ich denke, dass sich wirtschaftliche Entwicklungen stabilisieren werden und Wachstum auf Basis von nachhaltigen Kriterien dominieren wird. Man spricht auch über die Auswirkungen der sogenannten „De-Globalisierung“. Dort liegen meine Ansicht nach die Stärken und Chancen. Eine vernünftig aufgestellte Volkswirtschaft hat die Chancen, sich gut fortzuentwickeln. Wie zum Beispiel Kanada.

Welche Rolle spielen Faktoren wie ESG und Klimaschutz in diesem Zusammenhang?

Diese spielen jetzt schon eine enorm große Rolle und werden in Zukunft eine noch größere spielen. Die Investoren sind ja heute schon gehalten, grün zu investieren. Das betrifft auch den Immobilienmarkt und wird sich noch verstärken durch die vollständige Umsetzung von SFDR, EET und der EU Taxonomy. Das ist ein absolut dominierendes Thema mit signifikanten Auswirkungen auf diejenigen, die investieren. Die Wahrscheinlichkeit, in Immobilien mit einem Nachhaltigkeitskonzept zu investieren, ist deutlich höher und gefragter als in einem Objekt, an das keine ESG-Kriterien angelegt worden sind. Das Gleiche gilt auch für den gesamten Wertpapiermarkt, sowohl für die Anleihen- als auch für die Aktienseite.

Herr Redlbacher, Herzlichen Dank für das Gespräch!