„Der Kunde soll sich wohlfühlen.“

Waterloo. Wer bei Pneu Vanhamme seine Reifen wechselt lässt, bekommt eine Vorstellung von dem, was landläufig als Kundendienst beschrieben wird. Kein Wunder also, dass sich der belgische Reifenhändler in Sachen Lagerkonzeption ein ähnlich denkendes Unternehmen ins Haus geholt hat – die Jungheinrich AG.

Wenn man die Verkaufsräume von Pneu Vanhamme betritt, hat man nicht das Gefühl, bei einem Reifenhändler zu sein, sondern eher in einer modernen Kunstausstellung. Einzelne Reifen finden ihren Platz vor großen Postern.

Raumteiler sorgen für Diskretion in verschiedenen Bereichen. Indirektes Licht gibt den dort vorhandenen Sitzgruppen den Hauch einer Lounge, in der der Kunde nicht nur die Arrangements bewundern kann, sondern auch seine gewünschte Kaffeespezialität erhält.

Kundendienst spielt eine wichtige Rolle

„Ich finde es wichtig, dass sich ein Kunde wohlfühlt, wenn er zu uns kommt“, erklärt Karyn Vanhamme, Geschäftsführerin von Pneu Vanhamme, einem den größten Reifenhändler Belgiens. Denn für das Unternehmen gehören die Themen Ambiente, Qualität und Kundendienst untrennbar zusammen.

Kundendienst spielt eine große Rolle für das in Waterloo nahe Brüssel ansässige Familienunternehmen. Hier hatte Vater Constant Vanhamme einst den Reifenhandel gegründet. Heute leitet seine Tochter Karyn, unterstützt von ihren beiden Töchtern und dem Schwiegersohn, das Unternehmen, das in Spitzenzeiten zwei Dutzend Mitarbeiter beschäftigt.

Anforderungen an Lagerung haben sich drastisch geändert

Spitzenzeiten sind zum Beispiel das Frühjahr und der Herbst, wenn es Zeit wird, die Reifen zu wechseln. „Das Wechseln und das Einlagern der Reifen ist ein ganz wichtiger Markt für uns“, erläutert Karyn Vanhamme. „Viele Privatkunden lassen bei uns ihre Reifen wechseln und auch einlagern.“ Hinzu kommen Leasingunternehmen. Mit vielen von diesen bestehen spezielle Verträge, die besagen, dass Pneu Vanhamme für deren gesamte Fahrzeugflotte die Winter- bzw. Sommerreifen ebenfalls nicht nur wechselt, sondern auch lagert.

„Grundsätzlich hat sich das Thema Winterreifen in Belgien in den vergangenen Jahren geändert“, erzählt die Geschäftsführerin, obgleich es offiziell keine Verpflichtung gäbe, in Belgien mit Winterreifen zu fahren. Dennoch sei der Bedarf im Land deutlich gestiegen, weshalb sich auch die Anforderungen an die Lagerung drastisch änderten. Während es hierbei für Reifenzentralen, die direkt in Städten liegen, zunehmend eng werde, habe Pneu Vanhamme auf entsprechende Platzkapazitäten zurückgreifen können.

Die Frage war nur: Wie lagert man tausende Reifen effizient und sicher? „Denn das Thema Reifen lagern war für uns in dieser Dimension auch neu“, bekennt Karyn Vanhamme. Der Ausweg war, einen Experten in Sachen Lagerkonzeption zu Rate zu ziehen. Die Managerin: „Uns war klar, dass es nicht reicht, einfach nur ein paar Standard-Regale aufzustellen. Da mussten Profis ran!“ Einer von den angefragten Profis war die in Hamburg ansässige Jungheinrich AG, die auch den Zuschlag bekam. „Neben der Produkt-Qualität war für uns die Reaktionszeit und natürlich der Preis von entscheidender Bedeutung.“

„Das war kein Lager, das wir jeden Tag bauen“, erinnert sich heute Wilfried Elsen, Leiter Logistiksysteme für Jungheinrich in Belgien. Es habe schon eine ganze Zeit gedauert, bis alles gerechnet war, denn ein kleines Lager zu dimensionieren sei in der Praxis deutlich schwieriger als ein großes.

Zudem musste die minimale aber auch die maximale Lagertiefe anhand der Reifendurchmesser ermittelt werden, um ein Herausrollen oder Durchrutschen der Reifen zu verhindern. Elsen: „Dennoch, das Ganze ist immer eine Frage der Vorbereitung. Wenn die stimmt, dann stimmt auch das Ergebnis!“

Projekt wurde in zwei Wochen realisiert

Das neue Reifenlager bei Pneu Vanhamme wurde in ein bestehendes Gebäude integriert. Es bietet, je nach Reifenbreite, zwischen 5.000 und 6.000 Reifen Platz, die hier in entsprechend der Reifendurchmesser dimensionierten Mehrplatzregalen vertikal lagern. Dies geschieht auf zwei Ebenen und insgesamt sieben Etagen – drei in der unteren Ebene und vier in der oberen.

„Selbstverständlich gab es während des Projektes auch eine Reihe an Änderungen, die sich erst in der Realisierungsphase auftaten“, erzählt Elsen. So mussten beispielsweise in der zweiten Ebene Gangendsicherungen eingebaut werden, da es in der Praxis nicht möglich war, die Regale stets genau bis an die Wand zu bauen. Dennoch wurde das Projekt bei Pneu Vanhamme innerhalb von zwei Wochen realisiert.

Lagerplätze sind dank Barcode und WMS eindeutig bestimmbar

Wenn bei Pneu Vanhamme ein Pkw oder ein Kleintransporter zum Reifenwechsel vorfährt, wird dieser am Empfang bereits anhand des Nummernschildes registriert, „Das KfZ-Kennzeichen ist sozusagen die Artikelnummer der einzulagernden Reifen“, erläutert Wilfried Elsen. Wurden die Reifen an einer der elf Stationen gewechselt, werden sie zum Lager gebracht. Die Einlagerung erfolgt komplett per Hand. Die Regale sind doppelt tief, damit stets zwei Reifen neben- und hintereinander gelagert werden können.

Die Reifen selber wurden, bevor sie ins Lager gebracht wurden mit einem Einlagerungszettel samt Barcode und ‚Artikelnummer’ versehen. „Alle Nummern, die bei der Einlagerung vergeben werden, werden in unser WMS übernommen“, erzählt Karyn Vanhamme. Durch diese Nummer sind die Mitarbeiter stets in der Lage, den Lagerplatz der Reifen eindeutig zu bestimmen.

Die Lagerplätze selbst sind durch die Regalzeilen- und Ebenennummern eindeutig identifizierbar. Vor der Einlagerung wird der Barcode auf den Reifen durch einen Mitarbeiter gescannt. Vom WMS erhält dieser nun die Information, zu welchem Lagerplatz die Reifen gebracht werden sollen. Die Auslagerung erfolgt in genau umgekehrter Reihenfolge. Der ganze Prozess des Reifenwechsels dauert für den Kunden meist nicht länger als eine knappe halbe Stunde. Eigentlich zu kurz, um in der Lounge alle Kaffeespezialitäten in Ruhe ausprobieren zu können.

jak – 2008