Ein besonderes Hochregallager

Aarau. Jungheinrich hat für den im schweizerischen Buchs ansässigen Logistikdienstleister Lagerhäuser Aarau AG ein neues automatisches Hochregallager errichtet. Die Besonderheiten: Sechs Kommissioniergänge direkt im Hochregallager neben den fünf Gassen, eine redundante Fördertechnik, die sich im Bedarfsfall gegenseitig hilft sowie Regalbediengeräte, die ihre Leistung an die Auftragslage anpassen können. 

Lagerhäuser Aarau AG, ein Unternehmen der Lagerhäuser der Centralschweiz AG, ist eine alteingesessene schweizerische Firma und wurde 1873 als reines Transport- und Lagerunternehmen gegründet. Heute verfügt sie über eigene Logistikzentren in Spreitenbach, Schafisheim und Hunzenschwil.

Lagerhäuser Aarau AG ist spezialisiert auf logistische Gesamtlösungen für Kunden der verschiedensten Branchen. Dazu zählen im Bereich der Nahrungs- und Genussmittel Nestlé, Masterfoods, Cadbury, Gustav Gerig und Blattmann-Cerestar, im Non-Food-Sektor sind es beispielsweise General Motors, SIBIR, ABB, Elcotherm, Swatch, Piaggio und Electrolux.

Vielfältige Aufgaben

Neben Transport und Lagerung von Waren, sorgt Lagerhäuser Aarau AG für den reibungslosen Ablauf zusätzlicher logistischer Dienstleistungen. Hierzu gehören unter anderem das Bestandsmanagement und die Qualitätskontrolle, aber auch die Kommissionierung und die Preisauszeichnung sowie das Co-Packing.

Hierzu zählen beispielsweise das Schrumpfen, das Banderolieren oder das Abpacken in Spezialbehälter und Erstellen von Displays. Darüber hinaus garantiert das Unternehmen neben einer einhundertprozentigen Rückverfolgbarkeit der Waren auch einen 24-Stunden-Service durch einen eigenen modernen Fahrzeugpark.

Um den ständig steigenden Marktanforderungen gerecht zu werden, entschied Lagerhäuser Aarau AG bereits im Vorfeld, in Hunzenschwil ein weiteres Hochregallager zu errichten. Der Standort bot sich unter anderem wegen der im Norden in unmittelbarer Nähe liegenden Autobahn und dem im Süden parallel verlaufenden Bahnanschluss an.

Exakt zwischen beiden Verkehrsträgern entstand auf einer Fläche von etwa 10.000 Quadratmetern ein automatisches Hochregallager, das dank seiner bereits mehrfach prämierten Fassade nahezu im ganzen Land bekannt ist. Für die anspruchsvolle Aufgabe der Konzeption sowie der Planung und Umsetzung eines effektiv arbeitenden automatischen Hochregallagers suchte Lagerhäuser Aarau AG einen geeigneten Partner.

Hohe Flexibilität und schnelle Reaktionszeit

Das Projekt wurde im gesamten deutschsprachigen Raum ausgeschrieben. Aus mehr als einem Dutzend Anbietern konnte nach Auffassung des Auftraggebers Jungheinrich am Besten überzeugen. „Ausschlaggebend hierfür war“, erzählt Ulrich Gloor, Leiter Logistik und gleichzeitig Mitglied der Geschäftsleitung der Lagerhäuser Aarau AG, Schafisheim, „neben der sehr guten Konzeption vor allem die hohe Flexibilität sowie die schnelle Reaktionszeit von Jungheinrich.“

Die Anpassungsfähigkeit an die Wünsche und Vorstellungen von Lagerhäuser Aarau AG sei sehr beeindruckend gewesen. „Auch während des gesamten Projektverlaufs fand die Zusammenarbeit auf einem sehr hohen und vor allem partnerschaftlichen Niveau statt“, so Gloor weiter. „Diese Art von Kooperation schätze ich sehr!“

Übergabe ein Jahr nach Auftragsvergabe

Bereits ein Jahr nach Auftragsvergabe wurde das gesamte Projekt nach der Programmierung aller Steuerungen sowie der Inbetriebnahme des Lagerverwaltungssystems und der Schnittstellen zum ERP-System an den Betreiber übergeben. Anschließend begann Lagerhäuser Aarau AG mit der Einlagerung der ersten Waren und somit auch mit der Inbetriebnahme eines automatischen Hochregallagers der besonderen Art.

Dieses besitzt eine im Erdgeschoss – also in der zweiuntersten Regalebene – integrierte Kommissionierebene. „Damit kann eine dynamische Kommissionierung der Waren erfolgen“, berichtet Thomas Bürgisser, Leiter Logistiksysteme bei der Jungheinrich AG Schweiz und verantwortlich für das gesamte Projekt bei Lagerhäuser Aarau AG, „und das innerhalb des Hochregals!“ Hier befinden sich insgesamt 1.000 Kommissionierplätze.

Das Hochregallager ist 38 Meter breit, 110 Meter lang und 25 Meter hoch. Die Kapazität liegt bei mehr als 20.000 Paletten. Die Anlage ist für das Ein- und Auslagern von jeweils 160 Paletten in der Stunde ausgelegt. Das bedeutet je 80 Paletten in der Stunde über den Warenein- und -ausgang im Süden (per Bahn) respektive im Norden (per Lkw).

Beim Blick in die Vorzone im Norden wird schnell die Effektivität der gesamten Logistik deutlich. Die in Lkw ankommende Palettenware wird durch Gabelstapler in der Vorzone bereitgestellt. Die Produkte werden von den Mitarbeitern mittels eines Barcode-Handscanners erfasst. Per Funk gelangen die Barcode-Daten in das Lagerverwaltungssystem, welches den innerbetrieblichen Ablauf, sprich die gesamte Logistik bei Lagerhäuser Aarau AG steuert.

Vollautomatisches Ein- und Auslagern der Paletten

Von der Vorzone gelangt die Ware zum Hochregallager. Die Paletten werden an einer Aufnahmestation wiederum vom Barcode-Scanner identifiziert und kontrolliert. Fehlerhafte Ware wird wieder ausgeschleust. Danach nimmt einer der beiden Vertikalförderer die Palette auf, und bringt diese auf eine sich in 3,80 Meter Höhe befindliche Stahlbaubühne. Über Rollenbahnen und Querverschiebewagen gelangt die Palette nun an den Aufnahmepunkt der Regalbediengeräte (RGB) im Hochregallager.

Die fünf Regalbediengeräte im Hochregallager von Lagerhäuser Aarau AG sind schienengebunden und bewegen sich in den jeweils 100 Meter langen Gängen zwischen je zwei doppelttiefen Regalreihen. Die RGBs arbeiten mit Teleskopgabeln, und können je zwei Paletten aufnehmen. Aufgabe der Regalbediengeräte ist das vollautomatische Ein- und Auslagern der Paletten, die jeweils eine Tonne Gewicht auf die Waage bringen können.

„Selbstverständlich ist auch die Auslagerung der Waren prozesssicher gesteuert“, erläutert Thomas Bürgisser. Wird vom Lagerverwaltungssystem eine Palette zum Auslagern angefordert, fährt das Regalbediengerät zu dem im System hinterlegten Palettenplatz, nimmt die Palette auf und schafft diese zur in der Vorzone befindlichen Fördertechnik.

Die Palette wird wieder von einem Querverschiebewagen aufgenommen und auf die Rollenbahnen befördert. Die Ware erhält nun automatisch ein Barcode-Etikett. Auf diesem befinden sich sämtliche Spezifikationen, die eine lückenlose Rückverfolgung jeder einzelnen Sendung garantieren.

Ständige Kontrolle durch SPS-Steuerung

Die Palette gelangt schließlich zu einer der insgesamt 26 Schwerkraftrollenbahnen mit einer Kapazität von je 17 Paletten. Mittels Jungheinrich-Elektrofrontstapler wird die Ware nun in den Warenausgang transportiert und für den Lkw-Transport wagenladungs- und tourengerecht bereitgestellt.

„Damit die Prozesse taktgenau ablaufen können“, erklärt Ulrich Gloor, „dafür sorgt in unserem Lager die SPS-Steuerung. Diese erlaubt dem Lagerleitrechner eine ständige Kontrolle sowie die effiziente Steuerung des gesamten Materialflusses.“

Jungheinrich für Service verantwortlich

Hinzu kommt die hohe Redundanz der Fördertechnik. Jene sichert die Verfügbarkeit auch bei turnusmäßig durchgeführten Wartungen. Thomas Bürgisser: „Das heißt, die Leistung wurde von uns so ausgelegt, dass jeder Verschiebewagen ohne Kapazitätsverlust auch die Aufgaben des anderen übernehmen kann.“

Gleiches gilt auch bei Wartungsarbeitern für die sich im Wareneingang befindlichen Vertikalförderer. „Für die Wartung der gesamten Anlage ist Jungheinrich verantwortlich“, fügt Gloor an. „Der Service ist professionell und wird, auch an Wochenenden, zuverlässig und zeitnah sichergestellt.“

Im automatischen Hochregallager von Lagerhäuser Aarau AG werden jedoch nicht nur sortenreine Paletten ausgelagert. Steht ein Kommissionierauftrag an, dann bringt das Regalbediengerät eine Palette mit den angeforderten Waren direkt auf einen der vom ERP-System dynamisch verwalteten Kommissionierplätze.

Da sich die sechs Kommissioniergänge direkt an den fünf RBG-Gassen befinden, wurde ein spezielles Sicherheitssystem notwendig. Um auch eine theoretische Gefährdung der Mitarbeiter auszuschließen, hat Jungheinrich die Schnittstelle zwischen RBG und Kommissionierplätzen mit speziellen Sicherheitstoren ausgestattet: Diese werden vom Regalbediengerät im Bedarfsfall automatisch geöffnet und wieder geschlossen.

„Echter Mehrwert für den Kunden“

„Pro Palettenplatz haben wir ein Tor“, erzählt Thomas Bürgisser. Das bedeutet bei 1.000 Kommissionierplätzen auch 1.000 Sicherheitstore. Ulrich Gloor: „Dieses Konzept war mit Sicherheit ein ganz großer Pluspunkt gegenüber den Mitbewerbern von Jungheinrich.“

Entsprechend des Kommissionierauftrags werden die benötigten Artikel manuell mittels Jungheinrich-Elektrohubwagen kommissioniert und anschließend versandfertig gemacht. „Über die Chargennummer können die Waren schnell und lückenlos rückverfolgt werden“, erläutert Gloor. „Dies ist ein Service, mit dem wir unseren Kunden einen echten Mehrwert bieten können.“

Selbst ein automatisches Hochregallager läuft nicht 24 Stunden und sieben Tage in der Woche mit voller Leistung. Auch für eventuelle Unterkapazitäten, wie sie beispielsweise in der Nebensaison auftreten, hat Jungheinrich der Lagerhäuser Aarau AG eine spezielle Lösung angeboten.

„Hat das Lager einmal etwas weniger zu tun, dann fahren die Regalbediengeräte nur noch mit halber Kraft“, so Ulrich Gloor. Statt der für die horizontal ausgelegten 240 Meter pro Minute, bewegen sich die RBG dann beispielsweise nur noch mit einer Geschwindigkeit von 120 Meter in der Minute.

Ähnliches gilt für die Vertikalbewegungen. Dann steht hier nur noch eine Geschwindigkeit von 30 statt 60 Metern in der Minute zur Verfügung. „Hier hat Jungheinrich verschiedene Stufen integriert“, so Gloor anschließend, „mit denen wir je nach Auftragsmenge die Geschwindigkeit der Regalbediengeräte regeln können.“ Dies habe sich nicht nur positiv auf den Verschleiß und damit auf die Instandhaltungskosten ausgewirkt. „Diese Jungheinrich-Lösung hilft zudem Energie zu sparen.“

jak – 2010