Weltweit unterwegs

Wenn ein global erfolgreich agierendes Unternehmen seinen Stammsitz im Hohenlohekreis hat, kann man getrost von einem „hidden champion“ sprechen.

Zugegeben, es ist nicht die 1.000.000-Euro-Frage bei Günter Jauch: „Wo, um Gottes Willen, ist der Hohenlohekreis?“ Aber auch die Redaktion hätte sich hier zunächst ein wenig schlau machen müssen. Auch dann, wenn der Moderator den Tipp „Künzelsau“ gegeben hätte. Schließlich handelt es sich um die Geburtsstadt des deutschen Astronauten Alexander Gerst.

So hoch wollen wir nicht hinaus, aber das gut 15.000 Einwohner zählende Städtchen soll heute der Ausgangspunkt einer virtuellen Reise sein – einer Reise mit einem „hidden champion“ zu einigen Orten in der Welt, an denen Spitzentechnologie zum Einsatz kommt. Also:

0 km – Künzelsau

Tief im fränkisch geprägten Nordosten Baden-Württembergs befindet sich der Stammsitz von Stahl Cranesystem. Das Unternehmen beschäftigt derzeit insgesamt rund 700 Mitarbeiter und vertreibt (wie der Name bereits vermuten lässt) innovative Krantechnik und Krankomponenten. Das 1876 in Stuttgart von Rafael Stahl gegründete, heute in Künzelsau ansässige Unternehmen, ist eigenen Angaben zu Folge Weltmarkführer für explosionsgeschützte Hebezeuge und Sonderlösungen und verfügt über ein dichtes Netzwerk Kranbaupartner sowie Tochtergesellschaften in neuen Ländern – die Basis für einen erfolgreichen weltweiten Vertrieb.

70 km – Pleidelsheim

In der schwäbischen Gemeinde Pleidelsheim befindet sich der Firmensitz des europaweit agierenden Stahlhändlers Dewald. Zum Heben, Befördern und Verladen der schweren Rundstahlstäbe, werden Magnetkrane eingesetzt. Sie ermöglichen eine schnelle, sichere und materialschonende Arbeitsweise, verlangen jedoch ebenso eine anspruchsvolle und individuelle Krankonstruktion mit erhöhten Sicherheitsanforderungen. Der Kranbaupartner Innokran stattete die Lagerhallen von Dewald mit zwei neuen Magnetkranen aus. Die Hebezeuge und Krankomponenten dazu wurden von Stahl Cranesystems geliefert.

Beide Krane sollten spezifischen Kundenansprüche erfüllen – beide benötigten eine Sonderlösung, die individuell für Dewald konstruiert wurde.
Der erste Kran transportiert bis zu 14 Tonnen schwere Stahlstäbe mit zwei acht-Tonnen-Seilzügen der Serie SH. Lange Rundstäbe werden im Tandembetrieb von beiden Seilzügen gleichzeitig befördert. Für kurze Stäbe wird die zweigeteilte Traverse schräg gestellt und die Magnete getrennt von einander genutzt.

Der zweite Kran hebt mit Hilfe von Magnetkraft abgeschnittene Rundstahlscheiben aus dem Sägewerk. Ein spezieller Kippmagnet ermöglicht es, die Last in der Luft zu drehen und auf eine Palette abzulegen. Die Platzierung der Hubwerke oberhalb der Kranbrücke ermöglichen die maximale Nutzung der lichten Hallenhöhe und das Beladen von Lkw direkt vor Ort. Die Nutzung beider Krananlagen beschleunigt die Arbeitsvorgänge und entlastet die Mitarbeiter von Dewald enorm.

300 km – Markt Schwaben

Auch wenn es anders klingt, wir sind bereits in Oberbayern, östlich von München. Unweit eines Haltepunkts der S-Bahn-Linie 2 der bayerischen Landeshauptstadt auf dem Weg nach Erding betreibt die Firma Huber eine große Lagerhalle für ihre bis zu 500 Kilogramm schweren Natursteinplatten. Aufgrund der großen Nachfrage nach den edlen Steinen, die in allen Farben und Schattierungen bei Huber zu finden sind, plante das Unternehmen nicht wie bisher nur die Haupthalle, sondern auch die Seitenbereiche der Lagerhalle zu nutzen. Dafür benötigten sie eine spezielle Krananlage, die die Hallenbereiche miteinander verbinden sollte.

Mit einiger Raffinesse erarbeiteten die Ingenieure von Stahl- und Kranbau Oeder, einem süddeutschen Kranbaupartner von Stahl Cranesystems, dafür eine Sonderkonstruktion: Unterhalb der bereits bestehenden Kranbahn wurde eine zweite installiert, die den hinteren Teil der Halle abdeckt. Auf beiden Kranbrücken dient ein Stahl Cranesystems Seilzug der Serie SH als Hubwerk. Auch alle weiteren Krankomponenten wie Steuerung und Krankopfträger stammen vom Künzelsauer Spezialisten für Krantechnik.

Damit die großen Natursteinplatten weiterhin von beiden Kranen transportiert werden können, durfte der tiefer liegende Kran nur einen sehr geringen Hakenabgang haben. Mit der SH-Serie konnte diese Anforderung problemlos realisiert werden.

Durch den Einsatz des neuen Kransystems ist Huber Naturstein nun in der Lage, 40 zusätzliche Materialien in der Halle lagern und transportieren – und bleibt konkurrenzfähig.

570 km – Herzogenburg (Österreich)

Seit August 2015 kommt in der Mischanlage des Georg Fischer Werks im österreichichen Herzogenburg ein hochmoderner Gattierungskran mit Hebetechnik von Stahl Cranesystems zum Einsatz. Wie ein Koch seine Zutaten, so mischt der Kranführer die Metallsorten nach dem Rezept der Gießerei zusammen. 35.000 Tonnen Gussteile entstehen so jährlich, die Georg Fischer vornehmlich an die Automobilindustrie verkauft.

Das besondere an der Krananlage, die der österreichische Kranbaupartner Austrian Cranesystems entwickelte, ist, dass der Kran vollautomatisch betrieben werden kann. Das Sonderfahrwerk mit Wiegeeinrichtung und den Seilzug SH ohne Hakenwanderung fertigte Stahl Cranesystems.

Die Nachtschicht kann die automatisierte Krananlage komplett selbstständig übernehmen. Über ein Leitsystem werden ihm die Mengenangaben der jeweiligen Metallsorte übermittelt, die der Kran mit Hilfe der Wiegeeinrichtung am Katzrahmen aufnimmt. Eigenständig mischt er die Rezeptur in einem Container an, die anschließend in der Gießerei weiterverarbeitet wird. Neben dem vollautomatischen Betrieb arbeitet der hochmoderne Kran zudem mit erhöhter Geschwindigkeit. In der 60 Meter langen Halle kann die Dauer, die für die Ansteuerung der unterschiedlichen Container benötigt wird, so entscheidend reduziert werden.

750 km – Dubnica nad Vahom (Slowakei)

In der slowakischen Kleinstadt hat der Wasserkraftwerkshersteller VVE seinen Sitz. Die Krananlage, die hier installiert werden sollte, habe alle Ingenieurskunst gefordert, heißt es. Fast wäre das Projekt gescheitert, da die Statik der VVE-Firmenhalle nicht auf die Belastung einer Krananlage ausgelegt war. Jaroslav Beneš–Žeriavy, ein slowakischer Kranbaupartner von Stahl Cranesystems, stellte sich der Aufgabe. Ihm gelang es, die Krananlage so zu modifizieren, dass die Belastung des Gebäudes auf ein Minimum reduziert wurde. Dabei setzte der osteuropäische Kranbauexperte auf eine intelligente Kransteuerung, die in Echtzeit Last- und Positionsdaten sämtlicher Krane, Fahrwerke und Hubwerke analysiert und anhand der Daten die Hub- und Fahrbewegungen der gesamten Anlage kontrolliert.

Mithilfe von redundanten PLC-Steuerungen kommunizieren die Krane ununterbrochen miteinander und passen Hub- und Senkgeschwindigkeit, zulässige Last und Positionierung selbstständig an, sodass die vorgeschriebene Gesamtbelastung des Gebäudes nie überschritten wird.

Dadurch erfüllte Jaroslav Beneš–Žeriavy gemeinsam mit Stahl Cranesystems einen individuellen und herausfordernden Kundenwunsch, der auf den ersten Blick nicht realisierbar schien.

4.500 km – Takoradi (Ghana)

Tausende Kilometer entfernt von seinem Ursprung wurde im Werk von General Electric Ghana ein Stahl Cranesystems Hebezeug mit einer besonderen Geschichte installiert und in Betrieb genommen. Krankomponenten, Steuerung, Fahrantrieb und die zwei Seilzüge wurden in Künzelsau gefertigt und anschließend zum Kranbaupartner Stahl Cranes & Hoists nach Johannesburg in Südafrika transportiert. Dort wurde die Konstruktion des Zweiträgerbrückenkrans erstellt, aufgebaut und getestet. Jedoch sollte der Bestimmungsort des Kranes ein ganz anderer sein – und zwar das per Seeweg von Durban etwa 10.000 Kilometer entfernte Ghana. Ingenieure von STAHL Cranesystems und Stahl Cranes & Hoists erarbeiteten eine ausgeklügelte Trägerkonstruktion, die in drei Teile zerlegt werden kann. Kranbrückenteile, Hebezeuge und Komponenten wurden in zwei etwa zwölf Meter lange Container verpackt und über Land und Seeweg nach Ghana verfrachtet. Dort konnte der Zweiträgerbrückenkran wieder aufgebaut und fristgerecht in Betrieb genommen werden.

8.000 km – Tianjin (China)

Die letzte Station unserer virtuelle Reise befindet sich im Norden Chinas, wo wir fast 8.000 Kilometer von Künzelsau entfernt auf ein weiteres Projekt mit Hohenloher Wurzeln treffen: Die Stahl-Cranesystems-Tochtergesellschaft aus Shanghai beliefert hier große Flüssiggas-Anlagen mit zuverlässigen und sicheren Spezialhebezeugen.

Aufgrund des wachsenden Energiebedarfs importiert die Volksrepublik China flüssiges Erdgas (LNG). Dieses wird direkt an der Küste in riesigen LNG-Tanks zwischengelagert, um anschließend über Pipelines ins Landesinnere transportiert zu werden. Tonnenschwere Pumpen befördern das auf –160 °C gekühlte flüssige Erdgas aus den Tanks auf seinen Weg. Für Wartungsarbeiten oder Reparaturen müssen die Pumpen aus den bis zu 60 Metern tiefen Gas-Tanks herausgehoben werden. Dazu sind höchste Materialanforderungen, kompetente Mitarbeiter und uneingeschränkt zuverlässige Technik gefragt, denn die Explosionsgefahr durch verdunstendes Erdgas ist hoch. Außerdem muss die Hebetechnik den enormen Temperaturunterschieden in und außerhalb der Tanks, den rauen Wetterbedingungen an der chinesischen Nordküste und der salzhaltigen Luft standhalten. Kein leichtes Unterfangen, wie es heißt. Für einen „hidden champion“ aber dennoch kein Problem.

jak – 2017