Berlin. Tatort: Chausseestraße 8. Es stellt sich die Frage: Paterre oder erste Etage. Unten befindet sich eine edle Weinbar mit einigen Tischen – an diesem Abend ist aber nur noch Platz an der Bar. Also: erste Etage. Schlichtes, jedoch edles Dekor. Beim Betreten grüßt Marco Müller (Chef & Koch) die Gäste aus der Küche heraus. Eine Ahnung, was der Abend bringt, geht damit noch nicht einher.
Das offenbart sich erst beim Blick in die Karte. “Am Wasser” (Schnittlauchspross & Sauerklee, Käsesud) oder “Unterm Himbeerstrauch” (Rote Bete, Kürbis & Erde). Erlebnisgastronimie pur. Jedoch nicht mit singenden Kellnern. Das Erlebnis entwickelt sich am Gaumen: “Wilder Ostseelachs” (Honigbete & Fenchel, Pfefferstaub) und “Kolrabi & Schulter” (sauer-salzig, Feuer & Molke). Wer diese Kombination bestellt, bringt es immerhin schon auf vier Erlebnisse (die diversen Grüße aus der Küche einmal nicht mitgerechnet).
Bei sechs Erlebnissen kommen zudem noch “Zwiebelgewächse” (Eigelb & Ochsenmark, Karamell) sowie “Taube & Holunderkapern” (wilder Brokkoli, schwarzer Knoblauch) hinzu. Bestellt man acht, entfalten eine “Tomatenstulle” (kalter Roggen & Knäcke, Ziegenfeta-Gratiné) sowie “Sonnenblumenwurzel & schwarze Johannisbeere” eine wahre Erlebnisexplosion am Gaumen des Gastes.
Na gut, und wenn man schon einmal da ist – zehn Erlebnisse kann man auch verkraften (solange der Geldbeutel mitspielt – die Quantitäten der Gänge werden entsprechend adaptiert, so dass nie, aber auch nie, so etwas wie ein Völlegefühl aufkommt). Mit “Flusskrebs” (roh mariniert & pochiert, Dulse Alge, Salzzitrone) sowie “Blumenkohl” (Lardo & Sauerampfer) ist das Erlebniss komplett.
Wen interessiert da noch, dass dereinst Wolf Biermann schräg gegenüber wohnte.
jak – 2016